Mich (durch) Euch sehen, die Verbindung zwischen uns in den Blick nehmen
– im Rahmen der Mitmachtage im Steigerhaus bei Jumana und Matthias
Ich sehe euch, wie ihr euch und eure Liebsten in einer beängstigenden Zeit auf einer Arche Noah in Sicherheit bringen und euch möglichst ökologisch-autark versorgen können wollt.
Ich sehe mich, wie ich mich in beängstigenden Zeiten in die Ecke gedrängt fühle, mir einen sicheren Ort wünsche, an dem ich mit Gleichgesinnten mein Leben unabhängiger leben kann.
Ich sehe euch, wie ihr die Gelegenheit beim Schopf greift, das Steigerhaus erwerbt und hofft, dass sich bald Menschen finden, die mit euch im Thüringer Wald längerfristig ein Leben in Gemeinschaft erforschen, wie ihr geduldig Zwischenschritte geht, da sich diese Hoffnung zunächst nicht erfüllt.
Ich sehe mich, wie ich mich nach Gemeinschaft sehne, mich frage, ob ich Gemeinschaft überhaupt kann und was mein Beitrag sein könnte, wie ich nach Erfahrungsräumen suche, in denen sich meine Fragen für mich weiterbewegen.
Ich sehe euch, wie ihr all-in geht, all‘ eure Ressourcen in diesen Platz als euren Beitrag zum Wandel investiert, in euch und das Leben vertraut.
Ich sehe mich, wie ich damit hadere all-in zu gehen, wie ich mich noch an staatliche Sicherungssysteme halte und mich meine verinnerlichte Story verunsichert, ich würde noch nicht gut genug in mich und das Leben vertrauen.
Ich sehe euch, wie ihr sehr durchdacht technische Mittel für ressourcenfreundlichen Komfort einsetzt und euch immer wieder der Vereinbarkeits-Frage von Technik-Kultur und Natur stellt.
Ich sehe mich, wie sich in mir eine Dankbarkeit für den Komfort vor Ort mit der skeptischen Frage mischt, was für mich eigentlich ein Leben im Einklang mit der Natur bedeutet.
Ich sehe euch, wie ihr alles richtig und mit voller Kraft machen wollt – 100% vegan, 100% bio, 100% strom- und wasserautark, 100% Naturschutz, 100% Permaliebe, 100% werbefrei.
Ich sehe mich, wie ich alles richtig machen will, wie ich vor Ort die wasser- und stromspar Konzepte vor allem beim Hantieren in der Küche möglichst ‚fehlerfrei‘ umsetzen möchte, wie ich überhaupt alles richtig machen will, um ein guter Mensch zu sein und wie ich mir dabei an Absolutheitsansprüchen regelmäßig die Zähne ausbeiße.
Ich sehe euch, wie ihr offen ins Gespräch geht, mit Interesse nachfragt, zuhört, Impulse aufnehmt und euch mit euren Hintergrund-Geschichten zeigt.
Ich sehe mich, wie ich das Gespräch suche, mich mit meinen Vorstellungen und Unsicherheiten zeige, neugierig und aufmerksam euren Geschichten und den der anderen in der Gruppe lausche, wie sich für mich dadurch mehr Sicherheit und Vertrauen einstellt.
Ich sehe euch, wie ihr bei den Mitmachtagen ein neues miteinander Arbeiten ermöglichen wollt – jeder nach seinen Fähig- und Fertigkeiten, mit Freude und Sinn für’s Gemeinwohl – und wie das zusätzlich Zeit braucht, um sich ab- und aufeinander einzustimmen oder miteinander einzusummen, wie ihr es zum Anfang eines gemeinsamen Arbeitstages anleitet.
Ich sehe mich, wie ich eine andere Beziehung zu ‚Arbeit‘ aufbauen, mich gerne in meinem Rhythmus einbringen und dabei auch mit anderen zusammenarbeiten möchte, wie ich im Austausch auslote, wer welche Bedürfnisse hegt und wie sich Verschiedenes am besten miteinander verbinden lässt und wie ich mich dann doch bei Arbeiten, die mir neu sind, zu langsam empfinde und Leistungsansprüche an mich selbst stelle.
Ich sehe dich, Matthias, wie du selbst gerne ‚Schöngeistiges‘ umsetzt und auch bei den Mitmachtagen den Raum für kreative Selbstentfaltung bietest, wie du dabei vielleicht manchmal in die Bredouille gerätst, weil dadurch mitunter ungeplante Materialkosten zu finanzieren sind und immer mehr Objekte am Platz entstehen, die wiederum gepflegt werden wollen.
Ich sehe mich, wie ich die Mitmachtage als Rahmen verstehe, indem Hilfe für den Erhalt des Platzes gefragt ist, wie ich den Anspruch habe, diese Hilfe auch zu ‚leisten‘, wie ich mir nicht sicher bin, ob meine Unterstützung bei der Aufarbeitung des in die Jahre gekommenen Kickers die Hilfe ist, die im Moment wirklich am Platz gebraucht wird und mich gleichzeitig frage, ob es darum hier gerade überhaupt geht.
Ich sehe dich, Jumana, wie du zwischen all‘ der praktisch notwendigen Arbeit den Raum für’s Spüren und Lauschen hältst und dafür eintrittst, dass diese ‚unsichtbare Arbeit‘ von dir selbst und anderen wertgeschätzt wird.
Ich sehe mich, wie ich euch anbiete, ein paar Zeilen zu meiner Erfahrung während der Mitmachtage zu verfassen und gegebenenfalls bei den newslichtern zu veröffentlichen, wie ich zwischendrin den Wunsch verspüre, mich zurückzuziehen und Innezuhalten, um ein paar Notizen zu machen, wie ich mich frage, ob das jetzt ‚erlaubt‘ ist, zur eigentlichen ‚Arbeit‘ zählt.
Ich sehe euch, wie ihr euch als Paar gegenseitig den Rücken freihaltet, euch in euren Qualitäten gut ergänzt und zusammen ‚unaufhaltsam‘ seid.
Ich sehe mich, wie ich mir wünsche, dass ich mit Menschen in enger Beziehung stehe, die sich wie ich auf den Weg zu einem mitfühlenderen Miteinander gemacht haben, die bereit sind zu investieren und wir uns im engen Austausch gegenseitig begleiten können, wie ich dankbar bin, immer mehr ähnlich schwingender Menschen in meinem Umfeld zu haben.
Ich sehe euch, wie ihr stetig eure Visionen mit der Realität abgleicht, euch neu ausrichtet, alte Ideen beerdigt und mit veränderten Vorstellungen zuversichtlich weitergeht.
Ich sehe mich, wie ich mein Sehnen nach Gemeinschaft in realen Erfahrungen auf den Prüfstand stelle, wie ich dabei meinen Bedürfnissen mehr auf die Spur komme und sich Wünsche konkretisieren.
Ich sehe euch, wie ihr vorangeht, einem weitreichenden Wandelimpuls dient, alles auf eine Karte setzt und mitten im Wald eine Insel des echten Wohlstands schafft, ein Biotop, in dem ihr euch und andere sich spielend ausprobieren können.
Ich sehe mich, wie ich eurem Mitmach-Angebot folge, mich auf eine Woche mitten im Thüringer Wald mit mir unbekannten Menschen einlasse, wie ich die gute Verpflegung, die vielen Gespräche schätze, mich mit meinem Wesen einbringe und mich (bspw.) beim Baden im See oder einem abendlichen Ritual an der hohlen Eiche von dem Ort und allen zu der Zeit dort anwesenden Menschen inspirieren lasse.
Danke liebe Jumana und lieber Matthias für euer Vorangehen, für euren Mut, eure Menschlichkeit – für eine intensive Mitmachzeit.
Alles Liebe, Marianne






